4/12/2011

Die Liste der Woche

Die Wahrheit ist, dass...

... nur vier Galaxien mit bloßem Auge sichtbar sind.

... der Great Pacific Garbage Patch gar nicht aus zahllosen Plastikmüllteilen besteht, sondern aus von den Gezeiten zermahlenen, kaum noch sichtbaren Partikeln, die in die Nahrungskette eindringen und so viel verheerendere Schäden anrichten, als es ein Müllteppich der doppelten Größe von Texas je könnte.

... kein Bernhardiner jemals ein Schnapsfässchen um den Hals trug.

... Gaddafi ein bisschen so aussieht wie eine Wachspuppe von Gaddafi, die in der Sonne schmilzt.

... Menschen im einen Augenblick ein absolut integraler Bestandteil deines Lebens sein können und im nächsten einfach daraus verschwunden, ohne dass sie dir jemals erklären werden, warum.

...Vampire, würden Sie existieren, die Menschheit rechnerisch schon vor knapp tausend Jahren komplett ersetzt hätten.

4/09/2011

Schöpfungsformel 1

Manchmal, zur Ablenkung während Arbeitszeiten, aus Langeweile oder als reine Übersprungshandlung, gebe ich irgendwelche widersinnigen Adressen in die URL Leiste ein und schaue, was kommt. Meistens nichts. Als ich jedoch gestern wasdieweltiminnerstenzusammenhaelt.com eingab, geschah etwas vollkommen Unvorhergesehenes: Es öffnete sich eine Internetseite, etwas zu grell, relativ schäbig designt, auf der sich neben einem Werbebanner und einem Disclaimer die Schöpfungsformel fand. Die Weltgleichung. Der Ursprung. Die finale Antwort. Der Bauplan und der Grund des Universums.

Zunächst glaubte ich an einen Fake, ein Scherz, doch als sich die Schöpfungsformel selbsttätig auf mein MacBook runterzuladen begann, die Festplatte sprengte, der Strom ausfiel, Blitze in meinem Arbeitszimmer zuckten und eine fertig gebrannte, goldene BluRay aus meinem (DVD-)Laufwerk sprang, ohne dass ich vorher irgendwas reingesteckt hätte, begann ich doch zu glauben, dass ich da auf etwas gestoßen sein könnte. Das Macbook fuhr von selbst runter und wieder hoch, die Festplatte leergefegt, der Schreibtischhintergrund verschwunden und durch ein Polarlichtbild ersetzt. Ich stellte die Festplatte via TimeMachine wieder her, schob die BluRay wieder rein (in mein DVD-Laufwerk) und rief den Dateiinhalt auf. Tatsächlich. Die Schöpfungsformel. Sofort versuchte ich, die Seite nochmals aufzurufen, schon um zu sehen, was unter „About us“ steht, doch die Webpräsenz war nicht mehr da. Safari teilte mir lediglich mit, es könne den Server nicht finden. Doch ich hatte die Kopie. Die Formel. Die Schöpfungsformel.

Ich saß da und starrte auf den Bildschirm. „Mann“, dachte ich. Und noch mal: „Mann“. Und dann: „Mannmannmann.“

3/23/2011

Just say Yes No

Wenn Werbekampagnen besonders cool sein müssen, oder glauben es sein zu müssen, führt das in der Regel dazu, dass sie so überdurchdacht, bedeutungspotenziert und fünffach ironisch gebrochen sind, dass ihre intendierte Wirkung letztlich verpufft. Das trifft beispielsweise in der Regel für jede Kampagne zur Verstärkung sozial erwünschten Verhaltens zu, sei es Nüchtern Fahren, Wahlgang, Safe Sex oder - natürlich - Drogenabstinenz. Heute habe ich zum ersten Mal eine Anti-Drogen-Kampagne entdeckt, deren (vermutete) intendierte Wirkung nicht nur verpufft, sondern sich irgendwie ins Gegenteil verkehrt. Oder ist das jetzt wieder nur bei mir so?

3/21/2011

Was wirklich zählt

Die Katastrophe von Japan ist anderthalb Wochen her. Abertausende sind tot. Vier Reaktorkammern pendeln noch immer zwischen SuperGAU und Last Minute Wunder. Kein Mensch weiß, wie viel Radioaktivität längst in die Umwelt gelangt ist und was diese anrichten wird.

Aber die Aufmerksamkeitsspanne der Deutschen ist mit knapp anderthalb Wochen nun mal überschritten.

Oder auch mit einer Woche.

Denn seit genau drei Tagen hat Deutschlands Scheißleitmedium wieder einen neuen Scheißtitelaufmacher, der in geringfügiger Variation heute zum dritten Mal in Folge auf der Scheißtitelseite prangt.


2/12/2011

Unwillkommener Besuch

Als es klingelte, wusste ich wer da stehen würde, noch ehe ich die Tür öffnete.

Mubarak, sagte ich.

OK spar dir was immer du sagen willst und lass mich einfach rein, antwortete Mubarak.

Er wirkte ein bisschen müde, und man konnte leicht erkennen, dass die latente Aggressivität, die er in seine Äußerung und die begleitende Mimik gelegt hatte, lediglich einer tieferen Verunsicherung entsprang.

Reinlassen, erwiderte ich, könntest du das erst kurz definieren? Also meinst du das jetzt mehr so im Sinne von „Lass mich mal rein auf´n Kaffee und ´n Snickers“ oder im Sinne von „Lass mich mal rein und bau mir das alte IKEA Bett aus dem Keller zusammen“?

Ich meine das im Sinne von „Lass mich rein, mach die Tür zu und halt die Klappe“ du Sparschäler. Ich muss hier für eine Weile unterkommen. Es läuft grad nicht so gut bei mir.

Wie kommst du drauf dass ich... wieso... Nein. Nein, vergiss es. Sorry. Ich hab keinen Platz.

Soll das ein Witz sein? Damals hast Du alle möglichen Leute bei dir wohnen lassen. Psychic Lenin! Salman Rushdie! Elvis! Sogar ein Rudel beschissene Urzeitkrebse!! Und da hattest du noch eine EIN-ZIMMER-WOHNUNG!!

Alter da brauchst du jetzt gar nicht drauf anzuspielen, das ist fünf Jahre her dass ich davon hier geschrieben hab, daran erinnert sich keine Sau! Und außerdem hab ich die ja auch früher oder später alle wieder rausgeworfen! Warum sollte ich mir den Zwischenschritt also diesmal nicht einfach sparen und gar nicht erst wen reinlassen?

Aus der Küche wehte der Duft von frischgebackenem Apfelkuchen herüber. Mubarak schnüffelte. Seine Augen verengten sich zu messerscharfen Schlitzen.

Aha! Apfelkuchen! Der Lenin, DER darf also wieder hier wohnen ja?? Mubarak schrie jetzt.

Der ist NUR ZU BESUCH!! Ich auch.

Ach ja, BESUCH. Für BESUCH war ich ja auch immer gut, so lange ich nur immer was zu Trinken für deine Parties mitgebracht hab, ja?

DAS WAREN LENINS PARTIES! UND DU HAST DIE MÖRDERMUMIE MITGEBRACHT!!

Haben wir noch Schlagsahne, rief Lenin aus der Küche. Und passt auf wenn ihr reinkommt, mir ist hier ein kleines Maleur passiert. Meister Proper kriegt Ektoplasma weg oder?

Bullshit Bingo

Gestern schickte man mir diesen Link zu - Einfach unschlagbar nützlich wenn man viel mit Texten zu tun hat, sei es produktiv oder rezeptiv:

1/23/2011

Lucy 4

Letzte Woche war ich wieder im Autohaus, um meinen alten Wagen abzugeben und den neuen entgegenzunehmen. Ich fühlte mich etwa zu gleichen Teilen traurig wie vorfreudig, als ich die Ausstellungshalle betrat, an die sich rechts das Büro des Verkäufers anschloss, der tatsächlich Messias hieß. In der Mitte der Präsentationsfläche befand sich ein durch ein riesiges rotes Samttuch verhüllter unbekannter Wagen. "Da hat´s wohl mal wieder einer nötig", dachte ich und freute mich kurz, dass man beim Kauf kleiner Sparautos wenigstens nicht so einen nervigen Verkaufsnippes mitmachen musste. Meinen Justy konnte ich nicht ausmachen, vermutlich parkten sie diese Preisklasse gleich draußen im Schnee.

Im Büro klärten wir kurz die Formalia, wobei der Messias erneut eine unglaubliche Professionalität bewies, als er angesichts der Tatsache, dass ich Fahrzeugbrief und Fahrzeugschein nicht dabei hatte, fast gar nicht genervt guckte und freundlich blieb. Auf mein Versprechen, ihm das ganze Zeug noch zuzusenden, würde ich aber den neuen Wagen trotzdem schon mitnehmen dürfen, erklärte er großzügig, und so führte er mich wieder zurück in die Ausstellungshalle. Wir blieben vor dem mit rotem Samt abgedeckten Wagen stehen. Für einen kurzen Moment war ich absolut sicher, dass der Messias einen Witz machen wollte, und bedauerlicherweise war dieser Moment lang genug um mich sagen zu lassen: "Die Nummer machen Sie jetzt nicht wirklich oder? Das is´ jetzt´n Witz ne? Sie sind so lustig." Verwirrt sortierte sich der Messias einige Sekundenbruchteile und erwiderte dann mit großer Würde: "Doch. Das machen wir so beim Kauf eines Neuwagens." Dann ließ er mit einer ein ganz klein bisschen verunglückten, schwungvollen Bewegung das Samttuch theatralisch in die Höhe schnellen, wo es einen Augenblick verharrte und dann zu Boden stürzte. Wir blickten uns kurz schweigend an. Dann kickte der Verkäufer das Tuch wortlos mit einem Fuß zur Seite, drehte sich geschäftig zu dem Wagen um, öffnete mir die Tür und sagte: "So und jetzt machen wir noch ein Foto von Ihnen und Ihrem neuen Wagen, das wir Ihnen dann in wenigen Tagen als Tasse zuschicken."

Der Abschied von Lucy 3 fiel mir wie erwartet sehr schwer. Als ich vom Gelände fuhr, konnte ich spüren, wie sie mir aus ihren anthropomorphisierten Scheinwerferaugen traurig und enttäuscht nachblickte, aber ich sah nicht zurück.

Natürlich habe ich auch meinen neuen Justy wieder Lucy genannt. Obwohl ich diesmal wirklich kurz gezögert habe. Es gibt ja wirklich Namen, die besser zu "Justy" bzw "Justin" passen. Zum Beispiel "Schantal". Oder "Schackeline".

1/05/2011

Just Justy

Mein 14 Jahre alter A4 liegt schon lange in den letzten Zügen. Es gäbe zwar Menschen auf der Welt, die durch aktive Selbsthilfe noch locker zwei Jahre lang mit dem Wagen klarkämen, aber ich gehöre nicht dazu. Und deshalb fiel zusammen mit der jüngsten Panne, nach einem völlig unerwarteten, wundersamen Aufbäumen im Zuge der vorletzten, der Entschluss: Die Zeit von Lucy 3 war abgelaufen, ich brauchte ein neues Auto.

Wie üblich, warf mir das Universum umgehend einen Fingerzeig vor die Füße. (Das Universum ist mir gegenüber immer sehr gesprächig, es sei denn die Kacke ist echt am Dampfen, dann macht es meist gerade Urlaub in Beteigeuze.) Diesmal bestand der Fingerzeig in einer Anzeige im Stadtblättchen, laut welcher ein Subaru-Vertragshändler eine private Abwrackprämie zzgl. der Abkaufsumme des alten Wagens anbot, wenn man ihm dafür einen Justy abkaufte.

Ein Subaru? Wirklich? dachte ich.
Ein Subaru. sagte das Universum.
Ein Subaru... Justy? hakte ich nach.
Jetzt nerv nicht. sagte das Universum.

Also fuhr ich hin, um mich über das Angebot zu informieren, mir den Justy anzusehen und meinen A4 schätzen zu lassen. Der Verkaufsmanager hieß tatsächlich Thomas Messias und klärte mich über die Vorzüge des Deals auf. Alles klang ok. Der alte A4 sollte noch mal 2000 bringen, und der überhaupt einzige Nachteil bestünde darin, dass ich eins der Modelle nehmen müsse, die vor Ort standen, also keine große Auswahl bei der Farbe hätte.

"Die Farbe ist mir eigentlich egal", sagte ich, "welche gibt´s denn noch?"
"Skyblue", sagte der Messias.
"Himmelblau?" sagte ich.
"Himmelblau", sagte er.
Himmelblau? fragte ich das Universum.
Mein Gott, jetzt wart doch mal. sagte das Universum.
"Äh nein, ich sehe gerade wir haben hier noch einen schwarzen." sagte der Messias.
Das Universum trommelte ungeduldig mit seinen Fingern auf dem äußeren galaktischen Spiralarm.

Alles in allem schien das wirklich ein guter Deal zu sein. Wir gingen nach draußen, um meinen A4 zu begutachten. Ich hatte ihn extra gewaschen.

"Was ist denn mit der St0ßstange passiert?" fragte der Messias.
"Da bin ich beim Einparken mal an den Fahrradständer geschrammt. Nix großes."
"Die ist aber hier vorne rechts lose."
"Aber nur ein bisschen."
"Und was ist mit der Tür hier hinten? Hat da mal einer reingetreten?"
"Nein, wir haben da nur den Türrahmen ein bisschen gespachtelt, und deshalb steht er jetzt ein klein wenig über."
"M-hm. M-hm. Und das hier hinten am Kotflügel? Das sieht aus als hätten Sie da mal über einen Lackschaden mit grüner Sprayfarbe drüber gesprüht."
"Das... ja. Das hab ich wohl."
Der Messias blieb freundlich.
"Hat das Auto noch sonstige Mängel?"
"Nun, die Bordbeleuchtung funktioniert nicht mehr. Nicht richtig. Also, nur in Teilen. Und der Geber ist kaputt."
"M-hm."
"Wegen Ihrer ursprünglichen Schätzung..."
"Ja, also da würd ich mal sagen, eins fünf. Ich denke das ist ein sehr faires Angebot."
Eins fünf? fragte ich das Universum.
Das Universum befindet sich zur Zeit auf Urlaub in Beteigeuze. antwortete der Pressesprecher des Universums.

Heute habe ich den Kaufvertrag unterschrieben. Es war alles in allem denke ich immer noch ein verdammt guter Deal. 7900 für einen Neuwagen. Allein der Geruch war es wert. Nächste Woche ist die feierliche Übergabe und ich werde Lucy 3 zum Schlachter fahren. Ich glaube, sie ahnt etwas. Eben sprang sie jedenfalls nur sehr widerwillig an.




 
Terror Alert Level