3/08/2010

Meine Vermieterin kehrt zurück

Ich hatte schon mehrere wirklich unheimliche Erlebnisse mit meiner Vermieterin. Man denke nur an die schwarze Messe. Oder die Sache mit der Wetterkontrollmaschine. Oder die Sache mit Schäuble. Doch all das lag nun schon Monate, zum Teil Jahre, zurück. Und wie alle schrecklichen, traumatischen Erlebnisse verschwammen auch diese langsam immer mehr zu merkwürdig surrealen Traumbildern. War all das wirklich passiert? Hatte ich wirklich gesehen, was ich gesehen hatte? Ich meine, Voodoo? Eine Wetterkontrollmaschine? Wolfgang Schäuble? Immer mehr dämmerte in mir die Erkenntnis, dass meine Erinnerung mich trügen musste. Dass all das nicht real gewesen sein konnte. Dass ich vielleicht ein ganz anderes Problem hatte.

Bis, ja bis ich gestern beim Ausschütteln meines Eisbärfellkaminvorlegers beobachtete, wie ein schwarzer Van ohne Nummernschilder vorfuhr und zwei Männer in Blaumännern in schwarz - in Schwarzmännern also - ausstiegen. Sie öffneten den Kofferraum und holten eine menschenähnliche, jedoch völlig starre Gestalt heraus, welche sie zur Tür trugen und bei meiner Vermieterin klingelten. Nach etwa 15 Minuten verließen sie die Wohnung wieder - ohne die Gestalt - und fuhren davon.

Ich musste Gewissheit haben. Ging es wieder los? Oder spielte mein Gehirn mir nur einen weiteren Streich? Ich wartete, bis meine Vermieterin das Haus verließ und verschaffte mir mit meinem Peter-Shaw-Gedächtnis-Dietrichset Zugang zu ihrer Wohnung. Im Flur stand die Gestalt. Sie war schlank und trug einen Anzug, doch dort, wo das Gesicht sein sollte, waren nur Kabel und Platinen. Es war ein Cyborg. Ein Cyborg, dem man die Gesichtsschale entfernt hatte. Und er regte sich nicht.

In der Reverstasche steckte ein lieferscheinartiger Zettel, auf dem stand: "Sprachchip defekt. Logik- und Verhaltens-Subroutinen beschädigt. Zurück an die Brutkönigin zur Reperatur oder Replikation."

Brutkönigin?

Ich entdeckte im Nackenbereich einen freigelegten Schalter.

Sprachchip defekt. Verhaltens-Subroutinen beschädigt. Wer ist das?

Auf dem Schalter stand on/off. Ich schaltete auf on. Eine etwas zu schrille, leicht überkandidelte und irgendwie einfach furchtbar unsympathische Stimme tönte aus der eckigen Öffnung im Kabelgeflecht, die normalerweise durch den Mundbereich der Gesichtsschale abgedeckt sein musste:

"Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt´s einen, der die Sache regelt."

Das kam mir bekannt vor.

"Wir können uns auch gerne mal außerhalb einer Pressekonferenz nur zum Tee treffen."

Konnte... konnte das sein?

"Und dann sprechen wir nur Englisch."

Mein Gott.

"Wer anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein."

Ich musste hier raus.

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