6/11/2010

IKEA hassen und lieben und wieder hassen lernen

Ich hasse IKEA. Das ist immer schon so gewesen, seit meinem ersten Besuch anlässlich meiner ersten WG-Bude, als ich einfach nur einen dieser superbilligen Tische kaufen wollte und mich dazu für einen Samstag entschied - voller Gedränge, knuddeligen designierten Familien und Kevin-möchte-aus-dem-Kinderparadies-abgeholt-werden-Durchsagen. Dementsprechend schob ich den Besuch anlässlich meines erneuten Umzugs möglichst lange vor mir her.

Aber irgendwann musste es eben sein, also stürzte ich vor einigen Tagen schließlich wieder rein in den Schwedenladen, der, wie man hört, mittlerweile fast ausschließlich in China produzieren lässt. Doch diesmal war alles anders. Es war Mittwoch Abend, IKEA praktisch verwaist, ich hatte eine unglaublich entspannte und kompetente Einkaufsberaterin aus meinem Freundeskreis rekrutiert, fand auf Anhieb alles, was ich brauchte, und zog am Ende des Besuchs mein Fazit - IKEA ist schon cool.

Dann aber beging ich den entscheidenden Fehler: Ich war bzgl. eines Möbels (Finden Sie eigentlich auch, dass das Wort "Möbel" über eine inhärente Komik verfügt oder ist das wieder nur in meinem Kopf?) unsicher, und beschloss, nochmal wieder zu kommen und erst dann die Großbestellung aufzugeben. Ich wollte eh liefern lassen, hatte den Einkaufszettel soweit fertig, und mutmaßte, dass der zweite Besuch eine noch entspanntere Blitzvisite werden würde.

Natürlich kam es anders. Für den zweiten Besuch wählte ich - die Mechanismen des IKEA-Horrors noch nicht durchschauend - das Wochenende und fuhr alleine. Im dichtest-denkbaren Gedränge brauchte ich sodann trotz Liste etwa 90 Minuten, um mich einmal durchschleusen zu lassen - nur um dann, beim allerletzten Artikel der Liste, festzustellen, dass ich ebendiese Liste irgendwo liegengelassen hatte und auch nicht mehr finden konnte. Also das ganze von vorn - diesmal dauerte es etwas länger, da mein Gedächtnis erste stressbedingte Aussetzer aufwies.

Nachdem ich also gut drei Stunden nach meiner Ankunft endlich die Kasse passiert hatte, mit einer Transportliste voll schwedischer Möbel in der Tasche und einem fertig montierten Ausstellungsstück auf dem Wagen, die Ohren taub von Kevin-Durchsagen, stellte ich mich am Transportschalter an. Dort wartete ich etwa eine dreiviertel Stunde (während der eine Durchsage ertönte, die eine Kundin aufforderte, zum Infoschalter zu kommen, da ihre verlorene Einkaufsliste gefunden worden sei, was mir für einen Moment der Schwäche die Tränen in die Augen trieb). Als ich dann endlich dran war, informierte mich die Schalterkraft, dass montierte Stücke nicht transportiert werden könnten. Entnervt wollte ich die Scheißkommode "Hemnes" zurückgeben, jedoch - kein Rückgaberecht für Ausstellungsstücke.

Hemnes war zu groß für meinen Wagen. Natürlich nur um wenige Zentimeter, aber eben zu groß. Mir blieb also nichts anderes übrig als das Teil vor Ort in seine Einzelteile zu zerlegen. Nun ist Handwerkliches nicht eben meine Stärke, und so ging eine weitere knappe Stunde drauf, an deren Ende ich mir in der Schalterhalle eine treue Fanbase erarbeitet hatte, die mit guten Ratschlägen und offensichtlicher Belustigung nicht geizte.

Schließlich, nach einem halben Tag, kam ich zu Hause an. Das sollte es jetzt aber gewesen sein; die Möbel (tihi... "Möbel"... haha) würden geliefert werden und die Sache wäre erledigt. (Die Tatsache, dass ich zu Hause bemerkte, dass ich irgendwie die Rückwand von Hemnes hatte bei IKEA liegen lassen, will ich hier nicht weiter ausführen.)

Am Tag des Liefertermins klingelte dann das Telefon. Der IKEA-Spediteur war dran, er wirkte professionell untröstlich und informierte mich, dass die Lieferung heute nicht stattfinden könne - man sei in einen Unfall geraten und der Kollege läge gar im Krankenhaus. Einen neuen Termin könne man nicht geben, ich solle die IKEA Hotline anrufen.

Das Menü der IKEA Hotline ist das nervenzerfetzendste, das ich jemals erlebt habe. Ich brauchte zwanzig Minuten um den Weg zu einem menschlichen Wesen zu finden - eine Mission, die nicht eben erleichtert wurde durch den penetranten schwedischen Akzent der Computerstimme. Entsprechend geladen machte ich mir dann schließlich bei dem Mitarbeiter Luft, der versprach, sich sofort drum zu kümmern und mich zurückzurufen. Nichts geschah. Eine Stunde später rief ich wieder an, kämpfte mich wie Hänsel und Gretel den Brotkrumen entlang in rekordverdächtigen fünf Minuten durchs Menü und hatte diesmal eine weibliche Mitarbeiterin an der Strippe. Nach einigen Angaben meinerseits rief sie den Bericht des ersten Gesprächs an ihrem Rechner auf, wobei sie, wie manche Leute das eben tun, das, was sie las, leise mitmurmelte: "Kunde aufgebracht wegen gescheiterter Lieferung... braucht die Möbel zum Wochenende... {unverständlich} ... die übliche Eskalation..." - "Die übliche Eskalation??" warf ich eine Spur zu scharf ein. Die Mitarbeiterin zögerte kurz und erwiderte dann: "Äh, was? Äh nein... nein... ich lese nur gerade... äh... also der Kollege hat hier jedenfalls kein Rückrufprotokoll eingeloggt. Bestimmt ein Fehler, entschuldigen Sie bitte", sagte sie in dem Tonfall, in dem eine Pflegerin einen randalierenden Psychotiker zu beruhigen versuchen würde. Ich war kurz davor "Ich will meine Möbel" oder etwas vergleichbar hysterisch-lächerliches zu schreien, vielleicht sogar ein grenzdebiles "Oder das wird Folgen haben", jedoch kam sie mir zuvor und erklärte, sie werde sich sofort darum kümmern und mich zurückrufen. Sie ließ sich meine Festnetznummer geben und meine Handynummer und rief nie mehr zurück.

Heute schließlich meldete sich ein weiterer IKEA Mitarbeiter bei mir und nannte mir den neuen Liefertermin. In einer Woche.

Im Grunde ist es jetzt aber auch egal, denn ich habe mein Bananenkisten-System mittlerweile perfektioniert. Eigentlich überlege ich sogar, ob ich die Möbel überhaupt noch brauche. OK, ein Bett wär schon schön.


1 comment:

aeki rules not said...

Na, wie ein Client From Hell klang das aber nicht gerade. Du bist zu umsichtig, Banana Ron :-)!

 
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