5/26/2005

Oskar

Unser Kanzler spielte den Vorgang herunter: Er "als einfaches Parteimitglied" könne keine öffentlichen Ratschläge geben,wie mit einem "anderen einfachen Parteimitglied" umzugehen sei. Nach einer langen Zeit der Drohungen, populistischen Aktionen und zahllosen Talkshowauftritten (wenn auch meist im Dritten) stiftet Gerds ex-"bester Männerkumpel" endlich klare Verhältnisse. Natürlich im Fernsehen. Oskar Lafontaine lässt sich nach 39 Jahren von der SPD scheiden, nachdem man sich im letzten Jahr, wie es sich für eine ordentliche Scheidung gehört, eh nur noch Porzellan an den Kopf geschmissen hat.

Ungefragt eingereichte Kommentare der meisten deutschen Politiker offenbaren sowohl Erleichterung als auch ein beachtliches Defizit an pragmatischer Kompetenz: Schlägt die SPD-Spitze noch einen eher freundschaftlichen Ton an und bittet: "Oskar, geh jetzt", redet man eine Ebene tiefer auch schon mal vom "nützlichen Idioten von Frau Merkel" und vom "Steigbügelhalter eines eiskalten Neoliberalismus". "Ab sofort ist der Ex-Genosse von der Saar ein politischer Gegner", bedauern die Jusos erleichtert. Man zitiert gar Napoleons Außenminister Fürst Talleyrand, der im Kontext des Ablebens Napoleons "nur von einer Nachricht, keinem Ereignis" sprach. Und ein Ausschlussverfahren der Ex-Mutterpartei dräute dem Kaiser im saarländischen Exil ja sowieso schon am Horizont.

Mag sein, dass der Mann gewisse Auffälligkeiten in der Persönlichkeitsstruktur an den Tag legt. Aber ob er trotz oder gerade wegen all der Verniedlichungen, die man ihm entgegenschleudert nicht doch in der Lage ist, der Schlagseite fahrenden Ex-Mutterpartei noch mal mächtig Ärger zu machen, sollte man lieber erst mal abwarten, bevor man ihm den Möllemann macht. "Durchaus vorstellen könne er sich, bei einer neuen Linkspartei aus PDS und der in NRW mit 2,2 Prozent gescheiterten Wahlalternative (WASG) mitzumachen, teilte der Saarländer in Interviews mit" (web.de).
"Ich tue mich mit allen zusammen, die gegen die Heuschrecken kämpfen, die den deutschen Sozialstaat vertilgen", warb er im Magazin Cicero (und setzte dabei skrupellos Menschen mit Ungeziefer gleich; Michael Wolffsohn ist bereits informiert und wird sich Lafontaines annehmen, sobald er sein aktuelles Projekt, die Bannung eines Udo Jürgens Songs, in dem man - rückwärts abgespielt - die Worte "schwarz", "rot" und "gold" vernehmen kann, beendet hat.)

Lafontaine mag sich von politischer Objektivität und sozialer Kompetenz verabschiedet haben, aber je nach dem, mit was er die dabei freigewordenen Kapazitäten in seinem Kortex füllt, könnte es noch interessant werden.


 Posted by Hello

5/16/2005

Elegie

Star Trek ist tot. Den letzten Nachweis dieser im Grunde schon allgemeinhin bekannten Tatsache brachte das vorzeitige Ende der jüngsten Star Trek Serie "Enterprise", die bereits nach vier statt der geplanten 7 Jahre überraschend das zeitliche segnete. Captain Archer und seine Crew (die bezeichnenderweise kaum noch wer kannte) verabschieden sich im Mai zwar mit einem Paukenschlag, aber sie verabschieden sich. Zum ersten Mal seit 18 Jahren gibt es somit keine Star Trek Serie mehr. Und was noch viel gewichtiger ist: Es wird wohl auch keine mehr geben, denn - kein Mensch interessiert sich noch daür.

Was war geschehen?

Es muss so im fünften oder sechsten Jahr der vorletzten Serie, "Voyager", gewesen sein, als das Produktionsteam morgens ans Set kam und feststellte, dass das ganze Star Trek Franchise tot mit dem Bauch nach oben im Wasser schwamm. Die Voyager-Serie war wie über Nacht katastrophal schlecht geworden, die Quoten waren eingebrochen, und die Betonfrisur von Captain Kathryn Janeway saß auch nicht mehr. Doch alle Häme, eine Frau habe das Franchise gegen die Wand gefahren, kam verfrüht, denn wenn Captain Janeway Star Trek die Kniescheiben weggeschossen hatte, packten Archer und seine Crew es in den Rollstuhl und stubsten diesen über die Kante eines Cliffs. "Enterprise" - für die, die diese Serie schon gar nicht mehr wahrgenommen hatten - ordnete sich dem von Star Wars verhängtem Gruppenzwang unter und versuchte sich als "Prequel" (das hatte ja schon bei Episode One so wunderbar funktioniert), das die Zeit vor Captain Kirk und seinem Schiff beleuchten sollte. Doch weder konnte "Enterprise" den Charme der ersten Serie einfangen (in der Kirk und seine Mannen sich schon mal unerschrocken auf die Jagd nach Spocks Gehirn machten, das von Außerirdischen gestohlen worden war), noch die Seriösität der Next Generation (in der Picard schon mal eine geschlagene Stunde lang mit bösartigen Sternenflottencommandern diskutieren konnte, ob Androiden eine Seele haben). Letztlich entschied man sich deshalb, einfach alte Drehbücher neu aufzulegen. Und die Quoten brachen noch in der selben Woche ein.

Letztlich entscheidend für den Untergang war aber, dass Star Trek irgendwann zwischen Voyager und Enterprise seinen Coolness-Faktor verloren hatte. War die Premiere von "Star Trek VII" in 1996 noch ein genuines Sehen-Und-Gesehen-Werden, hat sich für "Star Trek X" (in dem trotz der weitverbreiteten Fehleinschätzung Data nicht stirbt, Sammy) kaum noch wer interessiert. Tatsächlich war es plötzlich - irgendwie - auf ganz subtile Weise - ein kleines bisschen uncool, ja Geek-haft, sich das anzusehen. Das Todesurteil für jedes Franchise.

1987 lief die erste Next Generation Folge im ZDF, ich war 11, auf dem Geburtstag von Jörn, und augenblicklich angefixt. Inzwischen, 18 Jahre später, habe ich wahrscheinlich alle 726 Folgen gesehen... und nun ist es vorbei. Vorbei mit dieser großartigen Serie über das Wesen des Menschen, Toleranz, Zivilisation, Ethik und kleine Außerirdische, die Spocks Gehirn klauen. Um es mit XavierNaidoo zu sagen: Ich bin einer der letzten, der um dich weint.
 
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