3/28/2010

Hotel California

Seit einiger Zeit habe ich erkannt, dass meine einzige Chance in der Flucht besteht. All die Erlebnisse mit meiner Vemieterin, all die Vorfälle, lassen sich in ihrer schieren Summe einfach nicht mehr verleugnen, oder Missverständnissen zuschreiben. Die Zeit, in der ich versuchte, Hilfe zu holen, oder die Welt einfach nur zu warnen, sind vorbei. Es gibt eben nur begrenzt viele schwarze Messen, Wetterkontrollmaschinen und Westerwelle-Cyborgs, die man irgendwie verdrängen kann ohne irreparablen Schaden zu nehmen. Und dazu kommt die Ahnung eines Masterplans, ein Gefühl einer düsteren Bestimmung, das, einer raschen Bewegung im peripheren Sichtfeld gleich, präsent ist und doch nicht greifbar. Es stand also fest: Ich musste raus hier.

Entscheidungsfördernd war das wiederholte Anschauen des 70er-Jahre-Gruselklassikers „Landhaus der toten Seelen“, unlängst auf DVD erstanden, in welchem eine Familie trotz aller Vorzeichen ja auch den entscheidenden Moment zu lange zögert, aus einem merkwürdigen Mietverhältnis einer noch merkwürdigeren Vermieterin zu entkommen. Und vollständig ausgelöscht wird.

Also begann ich, heimlich, auf Wohnungssuche zu gehen. Dabei aber haben sich in den letzten Tagen sonderbare Vorkommnisse gehäuft. Ansichtstermine, die plötzlich abgesagt wurden. Makler, die plötzlich spurlos verschwanden. Zunächst dachte ich mir nichts dabei – schließlich konnte meine Vermieterin unmöglich ahnen, was ich vorhatte.

Immer misstrauischer wurde ich, als ich bemerkte, dass jedes Mal, wenn ich in den letzten Tagen das Radio einschaltete, „Hotel California“ lief. Egal welcher Sender. Immer die letzte Strophe. Geloopt.

Mirrors on the ceiling,

The pink champagne on ice

And she said 'We are all just prisoners here, of our own device'

And in the master's chambers,

They gathered for the feast

They stab it with their steely knives,

But they just can't kill the beast

Last thing I remember, I was

Running for the door

I had to find the passage back

To the place I was before

'Relax,' said the night man,

'We are programmed to receive.

You can check-out any time you like,

But you can never leave!'

Gestern, als ich gerade wieder das Radio eingeschaltet hatte, schwitzend und nervös lachend, hörte ich plötzlich ein Geräusch vor meiner Tür. Ich kannte dieses Geräusch. Es war das vertraute, leise Schaben meines Fußabtreters, wenn meine Vermieterin eine der wöchentlichen Nachrichten in Zettelform auf ihm deponiert. Ich lauschte atemlos. Kämpfte kurz mit mir. Dann öffnete ich die Tür. Meine Vermieterin kauerte vor der Tür, hatte gerade den Zettel abgelegt. Sie blickte auf. Pupillenlose, weiße Augen blickten mich an. Aus unerfindlichen Gründen beschlich mich ein beinahe panikartiges Gefühl von Déjà Vu.

- Oh, hallo Herr X, ich wollte Ihnen nur kurz diesen Zettel hinlegen, um Sie darüber zu informieren, dass Ihre Wäsche noch im Keller hängt, obwohl sie bereits seit 37 Minuten komplett getrocknet ist.

- Oh. Danke, Frau Y.

Mit einem leisen *plopp* kamen ihre Pupillen zurück.

- Sie hören das, wenn ich hier Zettel deponiere?

- Seit einiger Zeit schon, ja.

Wir schwiegen. In der Ferne krächzte ein Bussard. Da war das Gefühl wieder.

- Naja das wollte ich Ihnen nur mitteilen. Die Wäsche muss weg. Die anderen Mieter brauchen ja auch Platz, um die Wäsche aufzuhängen.

- Natürlich. Das verstehe ich. Ich werde die Wäsche gleich abhängen.

- Gut. Gut. Sie werden ja schließlich noch eine Ewigkeit hier verbringen.

Was hatte sie da gerade gesagt?

- Entschuldigung, was sagten Sie gerade?

- Ich sagte, Sie wollen ja schließlich noch einen Moment hier wohnen. Da muss man Rücksicht nehmen.

- Ach so... ja.... natürlich.

- Oder gibt es etwas, dass ich wissen sollte?

- Wie? Nein. NEIN. Natürlich nicht. Wieso... warum fragen Sie?

- Wieso frage ich was?

- Na, ob... warum... was... ach... ich weiß auch nich.... vergessen Sie´s – ich hab mich verhört.

- Ja.

- Ja.

- Ach, Sie hören ja „Hotel California“. Ich mag diesen Song.

- Diesen... Song?

- Na dieses Lied. Es erinnert mich an die 70er. Viele sagen ja, der Text verberge eine geheime, okkulte Botschaft. Völliger Quatsch, wenn Sie mich fragen.

- Ich ... ich glaube auch.

- Ja.

- Ja. Ich geh dann mal wieder rein.

- Machen Sie das, Herr X. Auf Wiedersehen.

Heute Morgen hat die Maklerin einer Wohnung, für dich ich mich interessierte, bei mir angerufen. Sie sagte, sie könne den Vertrag leider nicht mit mir besprechen, da sie auf unbestimmte Zeit verreisen müsse. Nach Ägypten.

23 Uhr 30. Ich habe wieder angefangen zu rauchen.

3/21/2010

Popgap

Ein unterschätzter Aspekt der in der täglichen Erfahrung im Grunde immer noch relativ ungreifbaren „Finanzkrise“ ist die Vernichtung von Marken. Als beispielsweise vor einiger Zeit Quelle die Segel streichen musste, habe ich mich lange Zeit gefragt, warum mich dieser Prozess auf seltsame Weise betroffen machte. Schließlich hatte ich nie etwas bei Quelle bestellt; und außer ganz früher, also in der Zeit des großen Abschieds aus der ersten Hörspielkassettenphase, als der Quellekatalog aus ganz anderen Gründen eine gewisse Faszination aus mich ausübte (natürlich wisst ihr was ich meine), hat dieses Unternehmen auch nie eine Rolle in meinem Leben gespielt. Ich war eigentlich sogar Krisengewinnler, als ich beim großen Quelle-Ausverkauf ein ziemlich cooles Sweatshirt kaufte, wie es sich für ein gewissenloses westliches Kapitalistenschwein gehört. (Und es - natürlich - nur knapp zwei Wochen später billiger bei Karstadt rumliegen sah.)

Ich habe erst verstanden, was mich an dieser Sache so beschäftigte, als ich mich vor einigen Wochen so über dies und jenes mit einem Bekannten unterhielt und der plötzlich sagte: „Tja Quelle gibt´s nicht mehr... irgendwie krass oder?“ Das war´s: Die Marke Quelle war weg. Eine Marke, die, so lange ich denken konnte, eine feste Größe war und im Zusammenspiel mit abertausenden anderen Faktoren meinen kulturellen Tellerrand bildete.

Marken stiften kulturelle Identität, sie sind, Dauerhaftigkeit und Größe vorausgesetzt,Wegbegleiter und sie transzendieren ein Produkt über dessen Beschaffenheit und Nutzen hinaus. Sie laden es mit Erinnerungen, Eindrücken und Gefühlen auf. Das ist per se weder gut noch schlecht, sondern lediglich ein Effekt, der sich eben einstellt und sicherlich auch bewusst genutzt wird. Und so entsteht, fällt eine solche Marke plötzlich weg, eine undefinierbare Lücke, ein Gefühl von Verlust, welches unabhängig von einer realen Anwendbarkeit existiert. Ein diffuses Gefühl, das logisch nicht greifbar ist; sich aber, da bin ich mir sicher, auch bei anderen Menschen einstellt, wenn der Märklin-Laden in der Mall dichtmacht, den man mangels Interesse an Modelleisenbahnen doch nie betreten hatte. Nicht umsonst war ein wichtiges Kennzeichen der unverhältnismäßig schnell wieder zu den Akten gelegten Popliteratur der 90er Jahre die Besessenheit mit Marken, wie sie zB in Christian Krachts „Faserland“ bis zum Exzess betrieben wurde.

Was macht Benjamin von Stuckrad-Barre eigentlich heute?

3/15/2010

Perlen der Filmgeschichte 3 - Wicker Man

Als ich dieser Tage wegen eines kleinen Infekts ein paar Tage lang keinen Kopf zu gar nichts hatte, brachte mir ein netter Mensch einen Stapel DVDs vorbei, die ich noch nicht kannte. Unter ihnen war ein Nicholas Cage Film von vor ein paar Jahren namens "Wicker Man". Es geht darum, dass Nicholas Cage, diesmal ein Polizist, auf der Suche nach einem verschwundenen Mädchen eine abgelegene schottische Insel aufsucht. Die Leute dort sind allerdings, wie er schließlich erfahren muss, Anhänger eines heidnischen Kults und opfern ihn kurzentschlossen ihrem Gott. Oder Göttin. Das war´s.

Der Film ist zum Schreien komisch. Das geile daran ist aber, dass er das gar nicht sein möchte. Er möchte ganz offensichtlich vielmehr Angstkino sein, ein verstörender Trip in menschliche Abgründe. Da ist es natürlich ein bisschen undankbar, vor Lachen von der Couch zu fallen, aber was soll man machen. Cage, der im Moment gefühlte 20 Filme pro Jahr rausbringt, achtet ganz offensichtlich nicht mehr all zu sehr auf das Script, sofern es Kohle gibt. Und was sein Schauspiel angeht, hat sich der seit je her nicht gerade um Subtilität bemühte Mime mittlerweile auf einem dermaßen hohen, brummkreiselmäßigen Overacting-Level eingependelt, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt: Entweder er ist im Laufe der Jahre ein schlechterer Schauspieler geworden (unwahrscheinlich). Oder es ist eine Form des Protests gegen die oft rumpeldummen Drehbücher.

Gleich nach dem Film machte ich mich aus ehrlicher Begeisterung heraus an eine kleine Internetrecherche, und tatsächlich, ein anderer Fan hat bereits ein Best Of zusammengeschnitten. Enjoy!

Um aber noch eine Lanze für Nicholas Cage zu brechen: Jedesmal wenn man denkt, diesmal sei der Mann durch, kommt er mit was absolut coolem aus´m Quark. Wie z.B. diesem Original-WTF-Moment hier:

3/11/2010

Die dreibeinigen Herrscher und das Unbehagen einer Generation

Das Unbehagen in der Generation hat, wie ich heute herausfand, vielleicht ganz banale Ursachen. Heute habe ich mich mit zwei Kollegen über eine kleine Macke von mir unterhalten, einen Zustand, mit dem ich mich bis dato alleine wähnte, den aber, wie sich herausstellte, beide Kollegen mit mir teilen. Und nicht nur die; auch weitere, sich spontan einklinkende Zuhörer berichteten über ähnliche Erlebnisse. Worüber ich hier eigentlich rede, ist folgender Effekt: Ein plötzlich einsetzendes, unerklärliches und unangenehmes Gefühl von Unbehagen, manchmal sogar einer schwach-bedrohlichen Präsenz, welches mich seit jeher überkommt beim Anblick von - Windrädern.

Einen vergleichbaren, wenn auch in seiner Intensität abfallenden Effekt haben auch Strommasten, vor allem in der Kolonie,


sowie alle Arten von größeren, alleinstehenden artifiziellen Konstrukten am Horizont.


Ich hatte diesen Effekt längst zu den Akten gelegt als lediglich weiteren Hinweis, dass ich im Grunde übelst einen an der Klatsche habe, und war dementsprechend verblüfft, dass praktisch alle Anwesenden von vergleichbaren Eindrücken berichteten. Doch einer war dabei, der hatte sich nach eigenen Angaben schon mit dieser Thematik beschäftigt und eine einleuchtende Erklärung gefunden:

Der beschriebene Effekt sei ein typischerweise bei Angehörigen der Generation Golf und Generation Kassettenkind anzutreffender Zustand, und dabei nichts geringeres als ein schwaches posttraumatisches Stresssymptom, denn er ließe sich zurückführen auf Verarbeitungsdefizite bei der Rezeption der britischen 80er-Sci-Fi-Serie "Die dreibeinigen Herrscher", die ja tatsächlich so ungefähr jedes Kind dieser Ära begeistert verfolgt hat, es sei denn, die Eltern hatten aus ideologischen Gründen den Fernseher verschrottet.

Diese noch heute legendäre (und unlängst endlich auf DVD erschienene) Serie schilderte nicht nur eine spannende Story, sondern sie erschuf etwas, zumindest für deutsche Kinder dieser Zeit, völlig neues: eine fesselnde Grundstimmung, ein permanentes, bedrohliches Hintergrundrauschen, das sich immer wieder in Gestalt riesiger, dreibeiniger Metallungetüme manifestierte, die allwissend und allsehend am Horizont auftauchten und die kleinen Zuschauer zusammen mit ihren Helden frösteln ließen.



Diese Serie habe, so mein Kollege, einen tiefen Eindruck bei den ihr schutzlos und begeistert ausgelieferten Zuschauern hinterlassen, die bis dato im Kinder-TV nicht schlimmeres zu sehen bekommen hatten als den armen Gockel aus Uhlenbusch, der allwöchentlich unter die Räder kam. Einen Eindruck, der noch heute spür- und empirisch messbar sei. Er habe sogar gelesen, dass es Forschungen dazu gegeben habe. (Natürlich konnte er sich nicht erinnern, wo er das gelesen hatte, wer die Forscher waren, oder wer zum Teufel das wieder finanziert hatte.)

Aber einleuchten tat mir das schon, und auch die anderen Umstehenden waren schnell überzeugt. Das Gefühl war tatsächlich das selbe. Man bräuchte jetzt Kontrollgruppen, eine aus Kindern der Pepe Nietnagel- und eine aus Kindern der Hero Turtles Generation.

3/08/2010

Meine Vermieterin kehrt zurück

Ich hatte schon mehrere wirklich unheimliche Erlebnisse mit meiner Vermieterin. Man denke nur an die schwarze Messe. Oder die Sache mit der Wetterkontrollmaschine. Oder die Sache mit Schäuble. Doch all das lag nun schon Monate, zum Teil Jahre, zurück. Und wie alle schrecklichen, traumatischen Erlebnisse verschwammen auch diese langsam immer mehr zu merkwürdig surrealen Traumbildern. War all das wirklich passiert? Hatte ich wirklich gesehen, was ich gesehen hatte? Ich meine, Voodoo? Eine Wetterkontrollmaschine? Wolfgang Schäuble? Immer mehr dämmerte in mir die Erkenntnis, dass meine Erinnerung mich trügen musste. Dass all das nicht real gewesen sein konnte. Dass ich vielleicht ein ganz anderes Problem hatte.

Bis, ja bis ich gestern beim Ausschütteln meines Eisbärfellkaminvorlegers beobachtete, wie ein schwarzer Van ohne Nummernschilder vorfuhr und zwei Männer in Blaumännern in schwarz - in Schwarzmännern also - ausstiegen. Sie öffneten den Kofferraum und holten eine menschenähnliche, jedoch völlig starre Gestalt heraus, welche sie zur Tür trugen und bei meiner Vermieterin klingelten. Nach etwa 15 Minuten verließen sie die Wohnung wieder - ohne die Gestalt - und fuhren davon.

Ich musste Gewissheit haben. Ging es wieder los? Oder spielte mein Gehirn mir nur einen weiteren Streich? Ich wartete, bis meine Vermieterin das Haus verließ und verschaffte mir mit meinem Peter-Shaw-Gedächtnis-Dietrichset Zugang zu ihrer Wohnung. Im Flur stand die Gestalt. Sie war schlank und trug einen Anzug, doch dort, wo das Gesicht sein sollte, waren nur Kabel und Platinen. Es war ein Cyborg. Ein Cyborg, dem man die Gesichtsschale entfernt hatte. Und er regte sich nicht.

In der Reverstasche steckte ein lieferscheinartiger Zettel, auf dem stand: "Sprachchip defekt. Logik- und Verhaltens-Subroutinen beschädigt. Zurück an die Brutkönigin zur Reperatur oder Replikation."

Brutkönigin?

Ich entdeckte im Nackenbereich einen freigelegten Schalter.

Sprachchip defekt. Verhaltens-Subroutinen beschädigt. Wer ist das?

Auf dem Schalter stand on/off. Ich schaltete auf on. Eine etwas zu schrille, leicht überkandidelte und irgendwie einfach furchtbar unsympathische Stimme tönte aus der eckigen Öffnung im Kabelgeflecht, die normalerweise durch den Mundbereich der Gesichtsschale abgedeckt sein musste:

"Auf jedem Schiff, das dampft und segelt, gibt´s einen, der die Sache regelt."

Das kam mir bekannt vor.

"Wir können uns auch gerne mal außerhalb einer Pressekonferenz nur zum Tee treffen."

Konnte... konnte das sein?

"Und dann sprechen wir nur Englisch."

Mein Gott.

"Wer anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein."

Ich musste hier raus.

3/07/2010

Rorschach

Letzte Woche hatte sich endlich mal wieder Besuch angemeldet und zwar in Form einer guten Freundin aus Unitagen, aus der Kategorie „Man-sieht-sich-viel-zu-selten-seit-das-wahre-Leben-begonnen-hat“. Wie man schon aus dieser Schubladenkategorie herauslesen kann, verbindet uns nicht nur gegenseitige Sympathie und eine recht bewegte Vergangenheit, sondern auch das Hadern mit dem Erwachsenwerden und eine allgemeine Altersmelancholie. Was in unserem Alter natürlich verdammt prätentiös ist.

Jedenfalls beschloss ich im Vorfeld, die Wohnung noch ein bisschen auf Vordermann zu bringen, und weil es ein ungewöhnlicher Besuch war, hieß das nicht nur Wäsche vom Boden auflesen und Geschirr spülen, sondern – ja was eigentlich? Irgendwas gemütliches fehlt noch, dachte ich. Kurz darauf kam mir beim Einkaufen die Idee: Allenthalben ragten Sonderposten mit Ostersüßkram in die Höhe, das hieß doch, dass es wieder diese coolen Marzipaneier mit Kaffee- und Orangegeschmack gab. Von denen konnte ich ja ein paar auf den Tisch hauen, ich jedenfalls mag sie gern.

Und überhaupt, mein Marzipanproblem. Was für geile Sachen da wieder rumlagen in meinem Plus Netto. Diesmal gab es nicht nur Marzipaneier, sondern auch Marzipanfrüchte. Also diese coolen Marzipanklötze in Fruchtform, die beispielsweise aussehen wie eine Möbelhausbanane oder eine Möbelhausbirne. Ein Hase und ein Marienkäfer waren auch dabei. Die würden sich bestimmt auch gut machen, dachte ich einem Marzipanflash erliegend, und packte sie ebenfalls in meinen Wagen den umsichtig von den letzten vier Schachteln befreiten Haferflockenkarton aus der Nährmittelzeile.

Zu Hause breitete ich die Marzipaneier und die Marzipanfrüchte, und -hasen und –marienkäfer auf dem Tisch aus. Der Marienkäfer sah merkwürdig aus mit seiner zu runden Form und den irgendwie abgewetzten schwarzen Punkten, die mitunter nur noch kleine dunkelrote Erhebungen in der Textur waren. Der Marienkäfer sah gar nicht aus wie ein Marienkäfer. Er sah aus wie ein roter Arsch mit Pickeln.

Wenig später kam mein Besuch und ein entspannter Nachtmittag/Abend begann. Als sich eine kurze Gesprächspause ergab, blickte sie auf einen Marzipanmarienkäfer, drehte für einen Moment gedankenverloren den Kaffeebecher Zentimeter vor ihren Lippen und sagte dann: „Diese Dinger sehen eigentlich gar nicht aus wie Marienkäfer.“

„Stimmt,“ lachte ich.

„Eigentlich“, fuhr sie fort, „sehen sie mehr aus wie Äpfel.“

„Öh...“

„Wie ein schöner roter Apfel, wie der Apfel bei Schneewittchen und die sieben Zwerge, nur dass er auf beiden Seiten so rot ist, und nicht nur auf der vergifteten.“

„Genau,“ sagte ich, „ja, wie... wie bei Schneewittchen und die sieben Zwerge... dachte ich auch.“

 
Terror Alert Level